Die Blechtrommel von Günter Grass‘ Oskar Matzerath gerät in die Hände einer Frau und die Geschichte gerät aus den Fugen.
Verlängerungsschnur, Packpapierrollen, Toilettensaugnapftrompeten, Besenhörner, Schrubberposaunen und Bierdeckel als Orden in Duschvorhanguniform. Lametta und Damenstrümpfe für das Gesicht. Getreidesäcke und Strippe. Paketband zum Kleben und auch noch zum Binden. Weißes weich fließendes Kleid. Und Abddeckfolie vom Baumarkt für Salböl, das fließen und fließen kann. Vase in Scherben.
Ach, Oskar, da sitzt Du nun unter der Tribüne und auf der Bühne und trommelst. Und der militärische Gleichschritt derer, die da marschieren in Reih und Glied, ist nicht mehr zu halten. Rüstung und Uniform schwingen und schwinden dahin, Einschnürung löst sich und Beklemmung springt auf. Darf ich bitten zum Tanz!
Ach, Frau, reißt dir das Herz auf? Alabastergefäß in deiner Hand, lässt das Öl daraus fließen und salbst den, den du liebst. Schutz bietet dir seine Liebe vor Einschnürung, Beklemmung, Gleichschritt und marsch marsch.
Begegnest Oskar da auf der Bühne und nimmst die Trommel selbst in die Hand und singst.
Ich mache mich auf, ganz in meinem Takt. Ich will tanzen. Ich störe die Ordnung. Ich störe die Ordnung des Todes. Die einschnürt und starr macht. Ich tanze. Ich tanze den Tanz des Lebens. Wer tanzt mit mir? Und wann?
Du tanzt. Weh wird einem ums Herz, sieht man dich tanzen. Von zarter Lebendigkeit ist dein Tanz. Voller Bewegung. Anregend und aufregend. Wie zuweilen das gesprochene Wort. Vergänglich und doch von bleibendem Eindruck und nachhaltig wirksam.Tanzt in die Dornen hinein, Haut reißt auf und Blut fließt. Tod und Leben zugleich gegenwärtig im Blut. Tanzt in die Dornen und durch die Dornen hindurch. Tanzt hin zum Leben in neuer Gestalt.Wer hat eine Schere und wagt den Schnitt?Ach, Oskar, wo bist geblieben? Ohne Trommel und Schlägel. Das fragt man sich still nach all dem Tanz und der Musik. Und irgendwann später, da sieht man dich unvermutet dort auf dem Dach, wie du es abdeckst mit bloßen Händen, damit man den Himmel frei sehen kann.
Präsentiert: Zum 33. deutschen Evangelischen Kirchentag 2011 in Dresden sowie zur Langen Nacht der Wissenschaften 2011, Universität Rostock
Akteure: Oliver Erckens, Christoph Hornburg, Alexandra Köhler, Marie Kurzweg, Jana Nitzschke, Petra Schulz, Luise Stockmann, Cornelius Wergin
Skript: Benjamin Breutel, Petra Schulz, Stefan Schumacher
Technik: Gernot Knönagel, Melanie Voßler, Cornelius Wergin
Leitung: Dr. Petra Schulz